Der Geruchssinn ist ein erstaunliches Wunderwerk der Natur und eine Art Rezeptor für alle Botschaften, welche in Form von Gerüchen empfangen werden. Alle ankommenden Duftreize werden registriert, selektiert und in Form von elektrischen Signalen an unser Gehirn weitergeleitet. In der ersten Phase des Kontaktes mit einem bestimmten Geruch nehmen wir das ankommende Duftsignal nur grob war und dies ohne jede Einschätzung oder Bewertung. In der zweiten Phase findet dann die Geruchswahrnehmung statt. Dies ist der Moment, in dem das ausgelöste Empfinden dem Menschen bewusst wird. Als dritte Phase folgt die Identifizierung eines Geruches. Diese erfolgt durch Erinnerung und ist an bestimmte Erlebnisse und Erfahrungen mit Duftreizen geknüpft. Als letzte Phase des Riechprozesses steht die Differenzierung. Wir analysieren den Duft in dieser Phase ganz bewusst durch seine ausgelöste Empfindung und beurteilen ihn als gut, unangenehm oder häufig auch neutral.

Aber was genau geschieht mit uns beim Wahrnehmen eines Duftes? Das wirkliche Erleben eines Duftes findet eigentlich in unserem Gehirn statt. Die Duftmoleküle einer betörend weißen Magnolienblüte gelangen in unsere Nase. Auf der Höhe der Nasenwurzel liegt die sogenannte Riechschleimhaut. Sie ist etwas ganz Besonderes, denn sie besteht tatsächlich aus Gehirnzellen. Erstaunlich ist ebenfalls, dass auf den Riechschleimhäuten, welche links und rechts am oberen Ende der Nase liegen und die ungefähre Größe eines Fingernagels haben, 10 Millionen! Neuronen liegen. Das ist eine kaum vorstellbare Zahl. So ein kleiner Bereich im Körper soll mit 10 Millionen Zellen ausgestattet sein?

Die Nervenzellen im schleimschichtartigen Gewebe haben jeweils sechs bis acht sogenannte Flimmerhärchen. Auf jeden dieser Härchen sitzt eine Vielzahl von Rezeptoren. Mit bis zu 80 Millionen dieser Härchen ausgestattet, bilden sie ein hervorragendes, von der Natur ausgeklügeltes System, um alle ankommenden Duftmoleküle in Empfang zu nehmen, zu verarbeiten, wahrzunehmen und letztendlich zu analysieren. Die empfangenen Duftreize von Duftmolekülen werden durch unsere präzise arbeitenden Nervenzellen in elektrische Signale umgewandelt und an unsere Nervenbahnen weitergeleitet. Diese gelangen gebündelt über das Siebbein in unseren Schädel. Der Riechbalken leitet die ankommenden Reize direkt in unser Gehirn.

Dabei gelangt die Botschaft der Duftmoleküle nicht wie alle anderen Sinne in das Großhirn, welches unter anderem für Kontrollabläufe im Körper zuständig ist. Das Signal eines Duftes, ausgelöst durch Duftmoleküle, wird ohne jede Zensur direkt in das Zentrum unseres Gehirns geleitet, das limbische System.

Es besteht aus einen komplizierten Netzwerk aus Nervenbahnen und ist ein Teil unseres Stammhirns, welcher der älteste ist in der menschlichen Entwicklung. Das Großhirn bildete sich aus dem Stammhirn und sitzt kronenartig darüber.

Schon bevor wir als Menschen sehen, hören und denken konnten, verständigten wir uns über den Geruchssinn. Auf dieser Basis lässt sich leicht erklären, warum ein schöner Duft uns so tief berühren kann und Empfindungen auslöst. Natürliche Düfte aus den ätherischen Essenzen der Pflanzen wirken sich positiv aus auf unser psychisches und körperliches Befinden. Denn die Duftmoleküle sprechen direkt unser limbisches System an, welches auch eine Art Schaltzentrale für unsere Emotionen und Empfindungen ist. Dies ist auch der Grund, warum wir unsere Partnerwahl anhand seines individuellen Duftes vornehmen. Im limbischen System werden auch erotische Gefühle und Gelüste gesteuert. Aufgrund bestimmter Duftsignale, welche von jedem Menschen in unterschiedlicher Art und Weise ausgesendet werden, werden Hormone von unseren Körper ausgeschüttet, wie zum Beispiel Endorphin. Es ist ein Hormon, welches Emotionen wie Freude und Begeisterung auslöst.

Aber im limbischen System liegt noch ein weiteres, für den Naturparfümeur sehr wichtiges Geheimnis. Denn es gibt ein weiteres Hirnareal, das für das Lang- und Kurzzeitgedächtnis zuständig ist. Seit unserer Geburt an, sind alle wahrgenommenen Düfte und die damit verknüpften Geschehnisse abgespeichert. Bilder, Lebensereignisse und Stimmungen sind abrufbar und können scheinbar längst Vergessenes intensiv ins Bewusstsein des Menschen rufen.

Der Mensch ist theoretisch in der Lage 4000 verschiedene Gerüche voneinander zu unterscheiden. Jedoch unterliegt es dem Willen und der menschlichen Intelligenz wie viele Geruchseindrücke tatsächlich wahrgenommen werden. Es ist anzunehmen, dass das Erinnerungsvermögen für Düfte bei jedem Menschen unterschiedlich ausgeprägt ist, wobei äußere Faktoren und Umwelteinflüsse ebenfalls eine Rolle spielen. Am Morgen ist unsere Nase übrigens in der Lage, Gerüche am besten zu analysieren.